Anliegen und Ziele des Netzwerks

Nicht zuletzt durch antirassistische Protestbewegungen wie der US-amerikanischen black lives matter ist es auch in Deutschland zu einem erheblichen Zuwachs der Thematisierung von Rassismus gekommen. Die Morde in Hanau, Kassel und Halle (Saale) zeigen ebenso wie die Hinrichtungen und Anschläge des sogenannten NSU (Nationalsozialistischer Untergrund), die sich über einen Zeitraum von 10 Jahren erstreckt haben, dass Rassismen auch in der deutschen Gesellschaft kontinuierlich wirksam sind. Rassismus zeigt sich in sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Institutionen und somit prominent auch in der Schule.

Das Netzwerk Rassismuskritische Schulpädagogik bildet einen Zusammenschluss von Pädagog*innen, Hochschullehrenden und Wissenschaftler*innen aus verschiedenen mit Schulpädagogik befassten Praxisfeldern. Übergeordnete Ziele der gemeinsamen Arbeit bestehen darin, rassismuskritische Analysen zu stärken, die Schule als Organisation und als bedeutsames pädagogisches Handlungsfeld in den Blick nehmen, sowie eine stärkere rassismuskritische Perspektivierung schulpädagogischer Debatten insgesamt.  

Rassismuskritik versteht das Netzwerk als eine vielgestaltige Praxis sowie als einen vielstimmigen diskursiven Einsatz im Feld der Schulpädagogik. Die Analyse von Rassismus und die Kritik gehen Hand in Hand. Der dabei vom Netzwerk gebrauchte Begriff von Rassismus verweist stärker auf strukturelle Rassismen in Deutschland und deren Wandelbarkeit und weniger auf sogenannte Fremdenfeindlichkeit oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit im Sinne von Einstellungen. Es geht also nicht in erster Linie darum, eine rassistische Handlung oder Intention dingfest zu machen und somit Rassist*innen zu identifizieren und ihre Taten zu skandalisieren, sondern Rassismus vielmehr als soziales Verhältnis aufzufassen, das unseren Alltag und dessen ganz gewöhnliche und als Normalität angesehene Routinen sowie unsere Deutungen von Welt und das Wissen, das wir darüber haben, auch in der Schulpädagogik strukturiert. Mit der Betonung dieses strukturellen Moments wird an die internationale Debatte über Rassismus angeschlossen, in der sich Analysen etwa zum institutionellen Rassismus bereits etabliert haben. 

Mit einem solchen Verständnis von Rassismus zielt das Netzwerk darauf ab, die inzwischen weit fortgeschrittene Diskussion in schulpädagogische Diskurse einzubringen. Zur Analyse von Rassismus und dessen Erscheinungsformen stehen der Rassismusforschung mittlerweile ausdifferenzierte Begriffe und Theoreme zur Verfügung, um die jeweilige Eigenlogik etwa von Antisemitismus, Antiziganismus bzw. Antiromaismus oder des antimuslimischen Rassismus‘ sowie ihre strukturell ähnlichen Mechanismen aufzuzeigen. Mit Bezug zur critical race theory kann die Intersektionalität von race mit anderen bedeutsamen ungleichheitsrelevanten Kategorien (class & gender) hervorgehoben werden. Critical whiteness studies zeigen zudem die unhinterfragte Normalität des ‚Weißseins‘, während in den postcolonial studiesinsbesondere auch die historische Dimension von Rassismus im Kontext von Imperialismus und Kolonialismus sowie deren aktuelle Fortsetzungen herausgearbeitet wird. All diese bilden Anknüpfungspunkte für die Arbeit des Netzwerks.